MARIANNE LINDOW
 

Nicht immer sweet

Bilder aus Stoff beschreiben den Raum, in dem sie sich befinden und den sie bilden, das Haus, den intimsten Ort, den wir besitzen. Die Stoffe an den Wänden des Hauses nehmen die Eigenschaften, Vorlieben und Tätigkeiten der Menschen an, die in ihnen leben. Dies ist nicht immer “sweet“ und ob es das große Paradies ist, stellt sich hier in Frage.

Parallel offenbaren die Wände die Ästhetik und Strukturen der gesellschaftlichen Systeme, in denen wir leben. Diktatoren -und Mutterdecken. Vergangener Muff und neue Träume. Rohrbrüche und Brüche im familären Leben. Die Wände sind durchlässig für Reize von Außen und Gespräche von nebenan.

Die Künstlerin vermischt die Erinnerungen in den Kleidungsstücken anderer, die sie in der Kleidertruhe der Psychiatrie oder bei Oxfam findet, mit eigenen Erinnerungsstücken, die sie zerschneidet und an den Wänden des Hauses zu abstrakten und konkreten Abbildern zusammenklebt. Wieder ziehen Bruchstücke durch das Haus. Wird das Haus zu einem Ort der Zuflucht oder zum Anlass zur Flucht? Dient die Kunst zur Bewußtmachung der undichten und fadenscheinigen Stellen?

Neben den glatten Oberflächen aus Stoff in den Installationen von Cosima von Bonin sind diese Arbeiten mehr mit den hinterlistigen Installationen von Konsumgegenständen einer Isa Genzken verbunden. Und wenn feministische Kunst nach Lucy Lippard weder ein Stil noch eine Bewegung ist, sondern eher eine Strategie und eine Lebenshaltung, dann sind es genau in diesem Sinne die Arbeiten von Marianne Lindow.

Hannah Antin, 2013
Pressemitteilung zur Ausstellung HOME, SWEET HOME ODER DAS GROßE PARADIES im Quartier am Hafen, Köln.

 

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