MARIANNE LINDOW
 

DUNKLE SCHÄCHTE

Dunkle Schächte sind gefüllt mit Körperteilen, organischen Versatzstücken, Knochen, einem ganzen Skelett. Schächte mit dem gewaltigen Ereignis des Todes sind gefüllt von Form und Farbe. Schächte voll Farbe und Form werden Brutkästen, Zuchtkästen,dunkler Entstehungsort.

Die Schächte prallen auf Bahnen mit Zeichen. Das Zeichen ist das Skelett aller Vorgänge. Vom Schacht zum Zeichen gibt es einen langen, beschwerlichen Weg. Der Weg verläuft nicht gerade: Er führt schrittweise vor zu einem einzelnen Farbbalken – dem Rudiment der Schächte – dann wieder zurück zur sprengenden Farbe, zur gefüllten Bahn.

Denn hier führt nicht nur Logik und Ziel vor Augen. Hier sind Irritation und Angst. Der Schritt wird entschiedener. Entschieden wird für die Brüchigkeit. Die Zeichen nehmen sich zart und zögerlich aus. Die Zeichen sind die Entscheidung. Die Zeichen markieren die Überzeugung der eigenen Verwundbarkeit. Verletzbarkeit ist die unumstößliche Konstante.

Die Erkenntnis über die Verwundbarkeit steht auf weißen Bahnen der Heilung. Aus der zitternden, staunenden Einsicht wächst Mut.

Die Zeichen – nervös und zart – die Skelette aller Vorgänge sind Merkmale der Zähigkeit, sind Merkmale der Stärke, des Mutes zum Leben.

Regina Schulz-Möller, 1990
Katalogtext zur Ausstellung OHNE PASSIERSCHEIN an der FH Düsseldorf.

 

Zurück